Mit dem Markt zu wachsen ist leichter, als dem Wettbewerb in Phasen der Stagnation Marktanteile über Preiskämpfe abzuringen – vorausgesetzt, man steht mit innovativen Produkten lieferfähig in den Startlöchern, wenn die Nachfrage anspringt. Gerade etablierte Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, auf volatile Nachfrage angemessen zu reagieren, und verpassen so wertvolle Wachstumschancen. Welche Strategie kann diesem Problem entgegenwirken und ist die Implementierung von Just-in-Time Lieferungen besser als eine stetige Lagerhaltung?
Aufgefallen ist diese Schwäche über die letzten Jahre gerade im Vergleich zum Wettbewerb aus China.
Wachstumsphasen konnten dort genutzt werden. In Konsequenz hat China Deutschland nun als Exportweltmeister im Maschinenbau abgelöst. Eine Ursache macht besonders nachdenklich – denn sie ist hausgemacht: kundengetriebene Produktvielfalt treibt die Gemeinkosten in die Höhe und schwächt so die preisliche Wettbewerbs- und Lieferfähigkeit im Kerngeschäft. Das ist eine willkommene Angriffsfläche – auch für Herausforderer aus Fernost.
Gerade bei Unternehmen mit historisch gewachsener Produktvielfalt verschwimmt die Grenze zwischen standardisiertem Kerngeschäft und kundenspezifischem Angebot. Wenn Sonderwünsche zu Standardpreisen verwirklicht werden und Exoten teure Lagerplätze blockieren, verändert sich die Kostenstruktur auch zulasten der Standardprodukte. Komplexitätskosten der breiten Produktvielfalt fressen die Marge auf.
Diese „Quersubventionierung“ ist kaum quantifizierbar, denn sie versteckt sich hinter komplexen Gleichteilbeziehungen, Warenkorbabhängigkeiten und Systemkonfigurationen und äußert sich dann meist in steigenden Gemeinkosten.
Mit dieser weniger effizienten Kostenstruktur wird die eigene Marktposition gefährdet. Schlank aufgestellte Marktbegleiter können Sweet Spots im Kerngeschäft gezielt mit kostengünstigen Varianten angreifen. Etablierte Unternehmen können nicht mehr über den Preis reagieren und halten mit Service, kurzen Wegen, guter Verfügbarkeit und Markenwert dagegen – bis zur nächsten Wachstumsphase.
Wenn die Nachfrage in den eigenen Zielmärkten Fahrt aufnimmt, dann gibt es vor allem zwei limitierende Faktoren für das eigene Wachstum: Fertigungskapazität und Komponentenverfügbarkeit. Sind die Fertigungskapazitäten vollends ausgelastet, ist das ein einigermaßen erträglicher Schmerz. Ist aber die Komponentenverfügbarkeit der Flaschenhals, schmerz das doppelt: die Lieferfähigkeit leidet und gleichzeitig werden Kapazitäten bezahlt, aber nicht ausgelastet. Hält diese Situation über mehrere Wochen an, bedeutet das Zwangsurlaub, Kurzarbeit oder Werksschließungen trotz eigentlich guter Auftragslage.
Breite Produktvielfalt zwingt Unternehmen dazu, sich zwischen niedrigen Lagerhaltungskosten und hoher Lieferfähigkeit zu entscheiden. Alles in großen Mengen auf Lager zu legen, ist schlichtweg unwirtschaftlich.
Der lang anhaltende Trend zu immer geringeren Lagerbeständen bis hin zu Just in Time-Lieferungen reduziert die benötigte Lagerfläche und minimiert die Kapitalbindungskosten. Mit der höheren Kosteneffizienz geht allerdings auch die Pufferwirkung der Lagerbestände verloren und die Supply Chain wird anfällig für Störungen. Natürlich ist es ein naheliegender Gedanke, die Lieferkette differenzierter resilient und kosteneffizienter aufzustellen. Wie das digitalisiert funkioniert lesen Sie hier.
Die Just-in-Time Lieferung bezieht sich auf die Lieferung von Materialien, Komponenten oder Produkten genau dann, wenn sie benötigt werden, wodurch unnötige Lagerbestände vermieden werden können. Durch diese präzise Abstimmung können Unternehmen flexibler auf Nachfrageänderungen reagieren und gleichzeitig Lagerhaltungskosten senken.
Auf gewöhnliche Branchenzyklen kann man sich mit seinen Lieferanten einstellen. Doch auf die immer häufigere Stop-and-Go-Nachfrage auf volatilen Weltmärkten zu reagieren, haben nur die wenigsten Lieferanten im Kreuz. Die auf Effizienz getrimmten, fragilen Supply Chains bringen den Wachstumsmotor schnell ins stottern. Von dieser Schwäche profitieren dann vor allem neue Mitbewerber mit gezielten Angriffen auf das „aktuell nicht lieferbare“ Kerngeschäft.
Bekannte Marken sind ein Qualitätsversprechen: regionale Nähe verspricht besseren Service, den vollen Einsatz für den Kunden, individualisierte Lösungen und ordentliche Lieferzeiten– das alles im Trade-off mit höheren Preisen. Wenn nun aber in Wachstumsphasen die Lieferfähigkeit leidet, dann wird das Vertrauen und damit der Markenwert nachhaltig beschädigt. Wurde ein Kunde einmal im Regen stehen gelassen, ist es ungleich schwerer, das Vertrauen zurück zu gewinnen.
Doch der nachhaltige Schaden entsteht letztendlich dadurch, dass nun die letzten spürbaren Vorzüge des Lieferanten vor der eigenen Haustür verloren gehen. Ob man auf Komponenten aus Böblingen oder Shenzen 22 Wochen warten muss, spielt am Ende keine Rolle mehr – jetzt wird der Preis zum zentralen Unterscheidungsmerkmal.
Etablierte Anbieter kundenindividueller Produktvielfalt leiden in dynamischen Marktsituationen genau unter diesen Herausforderungen. Sie kämpfen mit einem strukturellen Wettbewerbsnachteil.
Hersteller mit sehr schlankem Angebot kompensieren den Mangel an kundenspezifischer Anpassungen mit höheren Stückzahlen standardisierter Angebote und besseren Preisen. Gerade in Wachstumsphasen haben diese Hersteller einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Geringere Varianz erlaubt eine höhere Lagerreichweite. So lassen sich Nachfrageschwankungen viel leichter kompensieren. Das schafft einmalige Gelegenheiten, in Wachstumsphasen mit stabilen, günstigen Preisen neue Marktanteile im Sweet Spot des Wettbewerbs zu gewinnen.
Ihre Lieferperformance leidet, Ihr Markenwert erodiert und Sie steuern auf einen immer härteren Preiswettbewerb zu? Wie können Sie von der nächsten Wachstumsphase wieder profitieren, Marktanteile behaupten und vielleicht sogar ausbauen?
Kurzfristiger Umsatz tut gut, aber im zweiten Schritt muss es darum gehen, damit auch wirklich Geld zu verdienen. Nachhaltig stabiles Wachstum gelingt nur mit konsequenter, strategischer Portfoliosteuerung. Es geht darum, individualisierte Kundenwünsche wirtschaftlich sinnvoll mit Stückzahlen im Kerngeschäft zu verbinden und dabei Angriffsfläche im Kerngeschäft zu reduzieren.
Eine klare Trennung von Standards und individualisierten Angeboten macht es wieder möglich, sich im Sweet Spot wettbewerbsfähig aufzustellen und zu behaupten: Lagerbestände, Lieferfähigkeit, hohe Verfügbarkeit, kurze Lieferzeiten.
Datengestützt definierte Vorzugsprodukte, -varianten und -merkmale schaffen Klarheit auf allen Seiten: für den eigenen Einkauf wird klar, welche Komponenten dafür notwendiger Weise vorgehalten werden müssen.
Kunden werden mit Vorzugspreisen und Lieferzeiten über ein klares Erwartungsmanagement gelenkt: diese Produkte sind schnell und sicher verfügbar. Kundenspezifische Lösungen unterscheiden sich dann deutlich in Preis, Lieferzeit oder Verfügbarkeit.
Spiegelt sich diese Unterscheidung vom Angebotsprozess bis in den Webshop wieder, haben die Kunden die Transparenz und die Wahl, sich ihre Sonderlösungen selbst ausreichend auf Lager zu legen.
Kunden mit Produktvielfalt zu gewinnen und zu binden (externe Varianz), lässt sich Schritt für Schritt über zunehmende interne Varianz lösen. Interne Varianz verursacht allerdings extreme Lageraufwände für die Sicherstellung der Lieferfähigkeit. Sie schafft eine breite, anfällige Lieferantenbasis und Nachteile durch geringe Skaleneffekten im Einkauf. So frisst die kundenindividuelle Lösung ihren marktseitigen Mehrwert selbst wieder auf. Kleine Losgrößen von Sonderprodukten zum Standardpreis anzubieten, ist für den Vertrieb verlockend, doch das standardisierte Kerngeschäft kann und darf diese Varianten nicht quersubventionieren, sonst macht man sich in Wachstumsphasen angreifbar.
Mittelfristig ist es deshalb natürlich interessant, die hohe Zahlungsbereitschaft für kundenspezifische Lösungen auf einer starken Plattform zu nutzen. Mit erheblichem Mehraufwand lässt sich eine modulare Plattform mit hohem Wiederverwendungsgrad aufbauen. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, auf der grünen Wiese zu beginnen. Automatisierte Analysen können Kandidaten für einen strategischen Plattform-Kern ausweisen und bereits bestehende Synergien nutzen. Das spart Zeit und erhebliche Mehraufwände bei der Bauteil- und Lieferantenqualifizierung, Rezertifizierung und Kundenmigration.
Die Vorteile einer Plattform zahlen sich aber nur dann wirklich aus, wenn die damit verbundene Komplexität systematisch überwacht wird. Die vielschichtigen Abhängigkeiten lassen sich mit leistungsfähigen Softwarelösungen managementgerecht aufbereiten und ermöglichen so die strategische Bearbeitung komplexer Produktvielfalt. In umfangreichen Konfigurationsräumen lassen sich nun Komponenten und Merkmalsträger identifizieren, die für das Kerngeschäft notwendig sind und als Rückgrat des Wachstumsgeschäfts strategisch vorhalten. Die Analysen hierzu sind hochkomplex, lassen sich aber inzwischen mit leistungsfähigen Software-Lösungen automatisieren.
Mit schlanker, digital gesteuerter Produktplattform und managementgerechter Transparenz sind etablierte Unternehmen besser für schnellen Wandel gerüstet. Einerseits ist unnötiger Ballast im Produktportfolio reduziert und Ressourcen auf lohnendes Geschäft fokussiert. Anderseits werden durch die eng überwachte Portfolio-Performance Totzeiten im Entscheidungsprozess minimiert und so die Reaktionsfähigkeit der Unternehmen gestärkt. Wenn dank digitalisiertem Entscheidungsprozess die Abstimmung mit Kunden und Lieferanten 1-2 Wochen früher erfolgen kann, verschafft das einen essenziellen Vorsprung in entscheidenden Wettbewerbssituationen. Lesen Sie dazu auch die Success Story unseres Kunde Bosch Rexroth.
Mit erhöhter Reaktionsfähigkeit und schlankem, optimiertem Kerngeschäft wird die zusätzliche, kundenspezifische Produktvielfalt wieder zum Vorteil im Wettbewerb um besonders innovative, zahlungskräftige Kunden – die Innovationsführer, die sich ihrerseits in Wachstumsmärkten bewegen und den Umsatz von morgen sichern.
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